Diese Menschen: Der Dorfsheriff

AUA. Meine Güte, er kann es immer noch nicht richtig, obwohl er das seit über zwanzig Jahren täglich macht. Er rammt mir mein Magazin so brutal rein, als würde er seinen Beruf hassen, dabei gilt er doch als Respektsperson. Also ich selbst schätze meine Erwerbstätigkeit ja sehr. Ich bin eine Walther P99 Q arbeite schon seit vielen Jahren als Dienstwaffe im beschaulichen Dorf Unterolverbrück. Der übergewichtige Mann, der jeden Morgen so lieblos die Munition in mich hineinpresst, ist der Polizeiobermeister Fürchtegott Braun. Als kleinen Bub von sieben Jahren war es einst sein Traum, Sheriff zu werden. Er träumte von rauchenden Colts, High Noon und Patronengürteln. Stattdessen bekam er aber alberne Verkehrskontrollen an der Landstraße, wurde zu Ruhestörungen durch die Dorfjugend beordert und sitzt sonst mit seiner Rätselzeitschrift in der Dienststelle am alten Marktplatz.

Man könnte nun mutmaßen, dass er sich bestimmt langweilt. Aber das ist kein Vergleich zu mir! Ich habe in den über zwanzig Jahren Dienst, die ich auf dem Buckel habe, nur ein einziges Mal richtig hart arbeiten müssen. Das war glaub ich 1998, als ein Schwarzwild-Keiler einen matt-ziegelroten Daimler bearbeitete. Als das Wildschwein von dem bereits geschleiften PKW abließ, und auf das Seniorenehepaar losstürmte, blieb mir keine Wahl. Also zog mich Herr Braun schnell aus dem Halfter und feuerte mein ganzes Magazin auf die sowieso schon übel zugerichtete Karre. Das Wildschwein begutachtete die Einschusslöcher, nickte uns zufrieden zu und verschwand wieder im Wald. Das ansonsten wenig actiongeladene Dorfleben begrub die Träume des kleinen Jungen von damals. Nein, Fürchtegott durfte nie so richtig Sheriff spielen.

Doch manchmal, wenn Herr Braun keinen Bock mehr auf Promille-Blase-Fallen und aufgebrochene Scheunen hat, gehen wir gemeinsam in den Wald. Da freue ich mich immer sehr drauf. Er sagt immer zu mir, dass das bitte unser kleines Geheimnis bleibt. Klar halte ich mich daran, er ist ja schließlich mein bester Freund. Im Wald stellen wir dann Strohpuppen auf und der Fürchtegott pinnt dann die ausgedruckten Gesichter seiner Exfrau und ihres neuen Mackers an die Köpfe. Gemeinsam feuern wir dann wie wildgewordene Irre auf das nutzlose Pack. Danach trinken wir gemeinsam acht bis zehn Bier, und DANN geht es uns so richtig gut!

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